Radikale Ehrlichkeit zu sich selbst

Wenn das Gefühl aufkommt, in einer Sackgasse festzustecken und weder vor noch zurück zu können, ist der beste Zeitpunkt, um sich selbst gegenüber radikal ehrlich zu sein. Vorerst stellt sich jedoch die Frage, wie es überhaupt so weit kommen kann, dass ein Weiterkommen unmöglich erscheint.
Zu uns selbst sollten wir radikal ehrlich sein, weil es befreiend und weiterführend ist

Wir wählen im Alltag – meist unbewusst – zwischen zwei Strategie-Varianten. Entweder folgen wir einem Annäherungs- oder einem Vermeidungsziel. Bei der Annäherungsabsicht zieht es geradezu hin zum Ziel und man hat klare Sicht voraus. Bei der Vermeidungsvariante bewegen wir uns von etwas weg. Sich beispielsweise vor Schaden zu schützen, ist ein nachvollziehbares und typisches Vermeidungsziel. Beide Varianten stehen uns situativ zur Verfügung. Das Gefühl, in einer Situation festzusitzen, entsteht durch ein starkes Ungleichgewicht zwischen Vermeidens- und Annährungsverhalten. Wenn im Alltag zu oft etwas vermieden wird statt sich mit Hilfe seiner Fähigkeiten und Kompetenzen etwas anzunähern, erzeugt ein starkes Ungleichgewicht zwischen beiden Strategien.

Der schnellste Weg aus dem mentalen Gefängnis führt über die Wahrheit zu sich selbst.

5 Schritte auf dem Weg zur radikalen Ehrlichkeit

1. Wahrnehmen, was gerade los ist

Wir nehmen uns kaum Zeit dafür, uns unangenehm empfundenen Gefühlen zu stellen und diese zu reflektieren. Diffuse und nicht sofort zuordenbare Emotionen werden im Alltag verdrängt und führen über längere Sicht in eine latente Unzufriedenheit.

ABER: Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind und bewusst wahrnehmen, was gerade los ist, können wir den unangenehmen Emotionen auf die Spur kommen. Durch das Benennen und Beschreiben werden sie sicht- und begreifbar. Damit ist die Basis für Veränderungsmöglichkeiten geschaffen.

Tipp: Damit das Benennen der Emotionen leichter gelingt, kann man dafür eine Gefühle-Liste zur Hilfe nehmen (googelt einfach „Gefühle-Liste“, es gibt viele brauchbare Ergebnisse).  

2. Annehmen und akzeptieren

Radikale Ehrlichkeit zu sich selbst bedeutet, Gedanken, Emotionen und Körperempfindungen aufzuspüren. Das heißt, die IST-Situation erkunden, annehmen und akzeptieren satt Fakten vor sich selbst zu rechtfertigen und zurechtzubiegen, ist eine erhebliche Herausforderung und erfordert eine Portion Geduld. Eine neutrale, nicht in die Situation involvierte Person kann dabei helfen und unterschiedliche Sichtweisen beleuchten. Diese Ehrlichkeit führt dazu, Missstände und belastende Gefühle aufzulösen und eine neutrale Grundstimmung zu erzeugen, die man benötigt, um weitere Schritte zu planen.

3. Zeit zum Handeln erkennen

Dass es Zeit ist, offen und ehrlich mit dem wichtigsten Menschen im Leben zu kommunizieren (im Idealfall ist man das selbst 😉 kann man an diesen Anzeichen erkennen:

  • man steht sich selbst im Weg und kämpft möglicherweise auf mehreren Fronten
  • man hat das Gefühl in bestimmten Bereichen festzustecken und/oder das Spielfeld auf dem man sich bewegt, wird zu eng/zu klein
  • die Beziehung zu sich selbst schläft ein, das Selbstvertrauen schwindet stetig und die Intuition meldet sich kaum noch zu Wort (man schweigt sich selbst an)
  • man zieht scheinbar ständig die falschen Menschen in sein Leben
  • man stellt sich wiederholt die Frage, ob das Leben, das man lebt, wirklich das ist, was man will und ob es einem langfristig wirklich gut tut.
  • man hegt einen starken Wunsch aber die Angst vorm Scheitern oder vor Ablehnung hält davon ab, eine Entscheidung zu treffen und es zu tun (Annähern vs. Vermeiden).

4. Erwartungen abstecken

Um einen ersten Schritt in eine andere Richtung setzen zu können, benötigst du nun das Ergebnis aus Punkt 1 (wahrnehmen, was gerade los ist). Falls du wütend, traurig, betrübt oder auch verärgert bist, ist das meist ein Anzeichen dafür, das du etwas anderes erwartet hast und zudem auch enttäuscht bist (also noch eine zusätzliche unangenehme Empfindung erkennst).

Radikal ehrlich zu sein bedeutet auch, Fakten zu betrachten und zu erkennen, dass beispielsweise Wut IN DIR entstanden ist (weil etwas nicht so gekommen ist, wie du es angenommen hattest oder es gerne hättest). Vielleicht erinnerst du dich an eine Situation in der du wütend auf jemanden warst. Du dachtest vielleicht, dass diese Person der Auslöser für das unangenehme Empfinden (deine WUT) ist. Tatsächlich ist jedoch DEINE nicht erfüllte Erwartung an die Situation oder an eine Person entstanden, die dich wütend werden ließ. (Wenn diese Ansicht befremdlich für dich ist, experimentiere gedanklich mit beiden Perspektiven 😉).

Hier findest du eine Übung, die dich dabei unterstützt:

  • Nimm dir ausreichend Zeit für dich selbst und vereinbare einen Zeitrahmen (z.B. 10-15 Minuten), in dem du zulässt, schonungslos ehrlich zu dir selbst zu sein
  • Vereinbare fixe Spielregeln mit dir selbst. Zum Beispiel dass du dich selbst NICHT beim Denken unterbrichst und dass du einen Monolog zu Ende führst (lass dich selbst aussprechen und höre dir beim Denken zu)
  • Beschreibe und erkläre dir selbst den konkreten Reiz – also das, was dich genau triggert (z.B. was dich wütend macht)
  • Lege dabei ungefiltert alle Indizien auf den Tisch und notiere nur die Fakten. Achte auf deine körperlichen Empfindungen (z.B. Verspannungen im Nackenbereich, Kopfschmerzen, feuchte Hände usw.) und weitere Reaktionen
  • Versuche dabei zu erkennen, was du von dir selbst erwartest und was von außen oder von anderen Menschen an dich herangetragen wird. Was davon vermutest du und was wurde tatsächlich ausgesprochen?
  • Formuliere und reguliere die Erwartungen an dich selbst. Wenn du es schaffst, dir gegenüber Mitgefühl und Verständnis für dich zu entwickeln, wirst du die Situation leichter wahrnehmen können.

5. Orientierung findenHey, mach dir keine Sorgen, lebe einfach

Notiere dir deine Gedanken und welche Schritte du setzen wirst, um eine positive Veränderung zu bewirken. Wenn dir das noch nicht so leicht von der Hand geht, kannst du einen Zwischenschritt setzen und darüber nachdenken, was du tun würdest, wenn du keine Konsequenzen zu befürchten hättest, beispielsweise wenn…

  • dein Tun keine finanziellen Folgen hätte
  • du von niemanden abhängig wärst oder keine Rücksicht nehmen müsstest
  • es keine Auswirkungen auf dein Ansehen und deinen Ruf gäbe
  • du gelassen, einfach und ruhig deine Meinung und Ansichten sagen könntest

Fazit

Das Gefühl des Feststeckens entsteht, wenn man über längere Zeit etwas tut, das man im Grunde gar nicht tun möchte, man unbewusst Erwartungen erfüllt, um etwas zu vermeiden statt einen Weg zu finden, seine seine Interessen und Bedürfnisse zu wahren.

Selbstverständlich muss man nicht IMMER radikal ehrlich zu sich selbst sein! Aber man kann versuchen, gut darin zu werden, in dem man sich öfters mal der Wahrheit stellt. Weil es ganz einfach befreiend und weiterführend ist.

Wenn du dich zu diesem Thema austauschen möchtest, stehe ich gerne dafür zur Verfügung. Hier findest du meine Kontaktdaten. Ich freue mich auf unser Kennenlernen :-). 

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